«Darf ich Ihnen noch einen Espresso bringen?», fragt mich der Kellner ganz höflich, nach dem ich die Pizza aufgegessen haben. Eigentlich wollte ich nach der Pizza gleich weiter, an einen Espresso habe ich gar nicht gedacht. Aber wo man mir die Frage schon so freundlich stellt. Wieso nicht? Und schon bringt mir der Kellner den Kaffee und die Rechnung. Die ist jetzt 5 Franken höher, als sie gewesen wäre, wenn ich auf den Espresso verzichtet hätte. Bei einer Pizza für 20 Franken und einem Wasser für 5 Franken macht das für das Restaurant ein Umsatzplus von 20 Prozent – und für mich 5 Franken weniger im Portemonnaie.

Cross-Selling: Noch ein kleiner Espresso dazu?

Wahrscheinlich hat sich der Kellner gar nicht viel dabei gedacht, als er mir noch einen kleinen Espresso anbot. Er hat aber unbewusst eine Taktik angewendet, für die Marketing-Profis den Begriff Cross-Selling erfunden haben. Unter Cross-Selling versteht man die Methode, einem Kunden mehr zu verkaufen, als er ursprünglich kaufen wollte. Das vorangegangene Beispiel zeigt eindrücklich, wie der Kellner mit Cross-Selling den Umsatz des Restaurants mit mir um 20 Prozent erhöhen konnte. Und das nur, weil er mir zu der Pizza und dem Wasser obendrauf noch einen Espresso schmackhaft gemacht hat.

Wer jetzt meint, der Kellner hätte mich über den Tisch gezogen, der irrt gewaltig.  Der Espresso hat mich vielmehr ebenso froh gemacht wie das Restaurant. Denn: Der Kellner hat mir nicht etwa etwas aufs Auge gedrückt, was ich gar nicht haben wollte. Ganz im Gegenteil. Ich habe mich darüber gefreut, dass der Kellner mit seiner Frage nach dem «Verdauungs»-Kaffee ganz persönlich auf mich eingegangen ist. Und der Kaffee hat mir sehr geschmeckt. Und der Kellner? Nun ja, seinen Gewinn kennen wir ja schon.

Up-Selling: Noch ein paar Sardellenfilets auf die Pizza?

Unser Kellner hat es ziemlich drauf, wie wir gesehen haben. Mit links hat er mir nach dem Essen noch einen Espresso verkauft. Das nenne ich Cross-Selling at its Best! Das ist aber nicht das Einzige, was er ganz unbewusst beherrscht. Er ist auch ein Meister des Up-Sellings – selbst, wenn er den Begriff kaum kennt.

Dieser gewiefte Kellner, der mir mit einem freundlichen Lächeln einen Espresso verkauft und so seinen Umsatz in die Höhe getrieben hat, hat mir schon bei der Essensbestellung einen Zusatzbatzen aus dem Portemonnaie gezogen. Aber der Reihe nach.

20 Franken wollte ich höchstens für die Pizza ausgegeben, die ich heute essen würde. Dieses Budget habe ich mir gegeben, bevor ich die Pizzeria aufgesucht habe. Ein kurzer Blick in die Karte und schnell war mein Entscheid gefallen: Eine Pizza Marinara für 18 Franken sollte es sein. Gesagt getan und schnell war die Marinara beim Kellner bestellt. «Wir haben heute beste sizilianische Sardellen bekommen. Die machen sich wunderbar auf einer Marinara. Darf ich Ihnen einige Filets auf die Pizza machen?», fragt der charmante Kellner.

Wie hätte ich einem solchen Angebot widerstehen können – zumal ich Sardellen fürs Leben gerne esse! Ich habe mich beim Kellner für das freundliche Angebot bedankt und eingewilligt. Als die Pizza mit den Sardellenfilets dann vor mir stand dacht ich insgeheim: «Ohne Sardellenfilets würde mir diese Pizza nur halb so viel Freude bereiten». Die 3 Franken, die mir das Restaurant dafür auf die Rechnung getan hat, habe ich zwar registriert, aber mit einem Lächeln weggesteckt – auch wenn die Pizza satte 17 Prozent mehr gekostet hat, als ich dafür ausgeben wollte.

Budget gesprengt und trotzdem zufrieden

Die Pizza ist gegessen, der Espresso getrunken und die Rechnung bezahlt. Zeit für den Kassensturz. Oder anders: Wie viel mehr habe ich bezahlt, als ich eigentlich wollte?

Tabelle Vergleich: Wollte ich bezahlen und habe ich bezahlt

Finanzielles Fazit: Mein Mittagesessen-Budget habe ich an diesem Tag massiv überzogen. Statt 23 Franken habe ich im Restaurant satte 31 Franken ausgegeben – einen Drittel mehr als vorgesehen. Das spüre ich zwar direkt im Portemonnaie, ich bin aber trotzdem zufrieden. Weshalb? Das Mittagessen hat mir Freude bereitet. Mein Kellner war nett, das Essen gut und die Sardellen und der Espresso ein zusätzlicher Genuss. So gebe ich gerne mehr Geld aus als geplant.

Win-Win: Mehr Genuss für den Gast, mehr Umsatz fürs Restaurant

Die Restaurant-Anekdote zeigt bildhaft, wie ein Unternehmen den Umsatz mit einem Kunden durch Up- und Cross-Selling erhöhen kann. Was der Kellner erfolgreich angewandt hat, lässt sich in jede Branche übertragen. Was wir dabei lernen? Ob Coiffeur, der seinem Kunden eine Kopfmassage zum Haarschnitt mitverkauft (Cross-Selling) oder Blumenhändler, der statt der herkömmlichen Rosen die teureren langstieligen an seine Kundin bringt (Up-Selling): Wenn der Verkäufer dem Kunden ein verlockendes Angebot macht, dann kann er besser verkaufen und seine Einnahmen steigern.

Das beste dabei: Verkäufer und Käufer gehen beide als Gewinner aus der Transaktion heraus. Wie unser Beispiel oben zeigt, konnte der Kellner mit mir mehr Umsatz erwirtschaften und ich war dem Kellner dankbar für die Sardellen und den Kaffee (unter uns: ich war so zufrieden, dass ich ihm noch einen Fünflieber Trinkgeld auf dem Tisch zurückgelassen habe). So sieht eine klassische Win-Win-Situation aus.

Probieren geht über studieren

Sie wollen auch mit Up- und Cross-Selling erfolgreich sein? Unser Tipp: Probieren Sie es aus, spielen Sie verschiedene Szenarien durch und haben Sie keine Angst, auch ausgefallene Ideen zu verwirklichen. Wenn Sie sich zudem an diesen 5 Regeln orientieren, können Sie kaum etwas falsch machen:

  1. Versetzen Sie sich in Ihren Kunden hinein. Was will er, was könnte er gegebenenfalls noch zusätzlich benötigen oder was würde ihm Freude bereiten?
  2. Was meinen Sie ist Ihr Kunde bereit, für zusätzliche Leistungen auszugeben? Sie dürfen ihm nichts anbieten, das ihn preislich abschreckt. Es muss ein gut verdaulicher Aufpreis sein.
  3. Stellen Sie sicher, dass Ihr Kunde Sie nicht als aufdringlich wahrnimmt. Fühlt er sich unter Druck gesetzt, riskieren Sie das ganze Geschäft zu verlieren. Im schlimmsten Fall kommt der Kunde nie wieder.
  4. Wie lässt sich das Angebot gestalten, so dass der Kunde mehr Geld ausgibt und er Ihre Firma gleichzeitig in guter Erinnerung behält?
  5. Was machen Ihre Konkurrenten oder andere Betriebe und was könnten Sie noch besser machen?

Laden oder Online-Shop? Up- und Cross-Selling funktioniert überall

Für erfolgreiches Up- und Cross-Selling braucht es zwei Dinge: vom Verkäufer ein Verständnis für den Kunden (was will mein Kunde) und vom Kunden eine grundsätzliche Bereitschaft, mehr Geld auszugeben.

Wo die Transaktion stattfindet, ob in einem Ladengeschäft oder einem Online-Shop, ist nebensächlich. Einzig die Art und Weise unterscheidet sich, wie man dem Kunden ein besseres, neueres aber immer teureres Produkt (Up-Selling) oder ein zusätzliches Produkt (Cross-Selling) verkauft. Betreiben Sie einen Online-Shop und können Sie sich Up- und Cross-Selling noch nicht ganz vorstellen? Dann lassen Sie sich doch einfach von diesen beiden exemplarischen Beispielen aus dem Hause Media Markt inspirieren.

Beispiel 1 (Cross-Selling): Hier hat jemand nach einer Zahnbürste gesucht. Media Markt zeigt dem Nutzer nicht nur das gewünschte Modell und alle wichtigen Spezifikationen sowie den Preis, sondern macht gleich noch einen Vorschlag für die optimalen Bürstenköpfe. Kauft der Nutzer beides, hat Media Markt den Umsatz von 39.95 Franken um fast 50% auf 59.65 Franken erhöht.

Screenshot Media Markt mit einer Zahnbürste

Beispiel 2 (Up-Selling):  In diesem Beispiel interessiert sich ein Nutzer für einen Lautsprecher. Media Markt zeigt dem Interessenten auf seiner Webseite nicht nur den Lautsprecher, sondern bietet auch gleich noch eine Vollkasko-Versicherung für das Gerät an. Entscheidet sich der Käufer für den Lautsprecher und lässt ihn gleich noch versichern, dann hat Media Markt den Umsatz mit diesem Kunden von 444 Franken um fast 16% auf 513.95 Franken.

Screenshot Meida Markt mit einem Lautsprecher

Fazit

Jeder Unternehmer ist auf Umsatz angewiesen – Rechnungen, Löhne, Miete, Versicherungen und viele weitere Ausgaben müssen damit bezahlt werden. Viele ächzen unter dieser Last und wissen nicht, wie sie mehr Umsatz erzielen können, um geschmeidig über die Runden zu kommen. Aber: Mit wenigen richtigen Kniffs lassen sich die Einnahmen spürbar steigern. Wenn Sie die richtige Einstellung haben, den Mechanismus von Up- und Cross-Selling verstehen und ein ganz wenig Kreativität mitbringen, dann machen auch Sie schon bald mehr Umsatz. Wir wünschen Ihnen ganz viel Erfolg!